Montag, 12. Mai 2014

Lagerfeuergespräche


 


Die Campingplätze  in Marokko sind außerhalb der Sommersaison gewissermaßen europäische Enklaven.  An den Abenden trifft man sich gerne mit anderen Reisenden. Informationen, Erfahrungen und besondere Erlebnisse werden ausgetauscht … und so mancher „leckt seine Wunden“. Nicht selten ist das Resümee: einmal Marokko – nie mehr Marokko! Und ich bin jetzt schon den 13. Winter in diesem Land gewesen und hoffe, dass es noch einmal 13 werden!

Die Klagen, die da geführt werden kann ich alle gut verstehen – irgendwann in meinen Marokkojahren habe ich fast das Gleiche gesagt.

Die bettelnden Kinder, die wie Pilze aus dem Boden wachsen: Stylo! Bonbon! Dirham! Man hält irgendwo in der Wüstenei an, da sind sie schon! – Sie haben eben die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt! Und wenn es langweilig ist, ist so ein Touri eine schöne Abwechslung!
Die Nepper, Schlepper, Bauernfänger – also all die falschen Führer, Brüder von Brüdern in Stuttgart und Hannover, Bettler mit Stammplatz und blank geputzten Schuhen – sie nerven manchmal gewaltig. Aber auch in Deutschland fange ich nicht mit jedem Penner ein Gespräch an und Marktschreier sind auch nicht meine bevorzugten Freunde! Der Rat, eher nur dem zu geben, dem auch Marokkaner etwas spenden, hat mir oft weitergeholfen. Preise muss man eben immer vorneweg erfragen und notfalls aushandeln, dann gibt es auch keine Überraschung und mit einer antiken Marktwaage kann man eben nicht 50 g Knoblauch auswiegen – da wird der Preis einfach interpoliert. Im Großen und Ganzen kommt man da nicht schlecht weg.

 
Ein Teil der Probleme entstehen einfach durch die Anstrengung des Reisens, wer jede zweite Nacht auf einem anderen Campingplatz landet hat ganz schön viel Stress! Der Straßenverkehr erfordert große Aufmerksamkeit, weil nicht jeder Marokkaner einen Führerschein hat und die Schafe am Wegesrand kennen auch keine Vorfahrtsregeln.

Als ganz wesentlichen Grund für die Unzufriedenheit vieler Reisender sehe ich, dass wir erst mal nicht mit den durchschnittlichen Marokkanern zusammentreffen, sondern mit Straßenhändlern, Campingplatz-Warten, Kellnern und einer ganzen Reihe von Tagedieben! Man muss schon mehr Zeit haben und länger im Land sein, bis man Bekanntschaften mit Menschen aus anderen Gesellschafts- und Bildungsschichten schließt! Da lohnt es sich offen und interessiert zu sein!
Viele Camper beziehen einen Gutteil ihrer Kenntnisse über Marokko aus Gesprächen mit anderen Campern – und da gibt es leider auch eine Menge Panikmache und Fehlinformationen. Es wäre aber ganz gut, wenn man auch Literatur, Tageszeitungen und das marokkanische Fernsehen mit einbeziehen würde. Die Bücher von Tahar Ben Jelloun, Mohamed Choukri und Driss Chraibi, aber auch von Paul Bowles sind sehr hilfreich, wenn man das Land besser kennenlernen will.
Zum Nachlesen:
Das wichtigste aber wäre noch mal daran zu denken, wie oft man ein freundliches Lächeln, ein spontane Hilfestellung, eine Einladung zum Tee bekommen hat. Man sollte daran denken, welche Schönheiten dieses Land bietet, in dem wir wirklich sehr willkommen sind – und ihm ein wenig mehr Zeit, Geduld und eine zweite Chance geben. Dann wird man es sicher lieben lernen – so wie es mir ergangen ist!

Man sieht doch genau, dass das Dromedar freundlich guckt!
 

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