Es ist nicht leicht objektiv zu sein – zu bleiben ..
Ich lebe nun schon wieder eine ganze Weile in Sidi Ifni –
einer ruhigen Kleinstadt am Rande der Welt, wie es mir scheint. Auch hier gibt
es Konflikte – der ehemalige Bürgermeister ist gerade wegen seines Verhaltens
im Rahmen von Demonstrationen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Dabei
ging es um den Tod eines jungen Mannes, der das Land mit einem Boot Richtung
Kanaren verlassen wollte. Am Tag der Verurteilung konnte ich im Ort keinerlei „Manifestation“
sehen, obwohl die Leute aus Ifni da ziemlich mutig sind.
Ich sitze gerne im Cafe – die meisten Gäste sind
einheimische Männer – lese Zeitung,
schwatze mit Freunden und fühle mich dabei als Ausländerin, als Frau,
gänzlich unbehelligt.
In der Wäscherei, im Telefonladen, bei den Marktständen und
im Restaurant – es gibt viele kurze Kontakte – immer freundlich – ohne jede
Aggression.
Im TV sehe ich dann – auch gerade jetzt – die Bilder der
Solidaritätsveranstaltungen in Europa. Solche Veranstaltungen hat es auch in
Rabat gegeben, wenn auch in kleinerem Rahmen. Ich höre aber, dass einige
Marokkaner Verständnis für den Zorn auf die Karikaturen-Zeichner haben. Wer
mag, kann im Internet nach der Zeichnung „a star is born“ suchen – ich mag da
gar keinen Link reinstellen, weil das so unglaublich geschmacklos ist. Ich will
da gar nichts entschuldigen oder relativieren – aber den Zorn der Muslime kann
ich nachvollziehen. Zorn führt aber nicht zwangsläufig zu Gewalt, das ist ja
gerade ein Zeichen einer reifen Kultur, dass man so was wegsteckt.
Ich war auch während des zweiten Irak-Krieges im Süden von
Marokko unterwegs – auch damals habe ich keine Feindschaft gegen uns Europäer
gespürt.
Es treibt mich einfach um, was aus diesem Konflikt wird. Die
Pegida-Veranstaltungen sind hoffentlich kein Vorgeschmack auf eine verschärfte
Konfrontation. Die türkischen Nachbarn meiner Mutter in Niederbayern sind seit
Jahrzehnten friedliche fleißige Mitbürger – soll das jetzt plötzlich anders
sein? Deutschland hat eine schreckliche Geschichte mit Vertreibung und Flucht –
sollte man sich angesichts der syrischen Kriegsflüchtlinge nicht daran
erinnern, was es bedeutete „in Hausschuhen ohne Brot hinaus auf Landstraße
geschickt“ worden zu sein.
Ich sehe in die freundlichen Gesichter gerade der jungen
Muslime hier in Marokko – und hoffe ……
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