Dienstag, 27. Dezember 2016

Das Ende der Mika

Zu den ornithologischen Besonderheiten Marokkos gehörte der "Tütenvogel" - in der Nähe von Märkten schwebte er bei leichtem Wind in großer Zahl in der Luft, weil alle Einkäufe sorgsam in dünne Plastiktüten verpackt wurden !

Nun droht mica versicoloria aus-
zusterben, denn seit diesem Sommer sind Plastiktüten in Marokko verboten. Jeder Marokkaner verbrauchte im Schnitt pro Jahr rund 900 Mikas - wie die Plastiktüten auf arabisch genannt werden. Rechtzeitig für die große Umweltkonferenz in Marrakech wurde umgesteuert.










Ich habe es ehrlich gesagt nicht ganz geglaubt, dass so eine radikale Aktion durchsetzbar ist - aber ich habe mich getäuscht. Schon bei meinem ersten Einkauf in einem Supermarkt gab es nur noch große Taschen oder einfache Stoffbeutel gegen Gebühr.



Und hier in Ifni auf dem großen Markt: ob Mann ob Frau ob Tourist - der Einkaufs-Beutel setzt sich durch. 

Für die Produzenten der Tüten gab es übrigens finanzielle Hilfen für die Umstellung der Produktion auf nützlichere Artikel. 
Ich habe sicherheitshalber einige meiner Stoffbeutel aus Deutschland mitgebracht und liege damit hier voll im Trend!

Freitag, 16. Dezember 2016

Neue Erfahrungen

Die Fahrt von München zum Hafen von Genua war eine Reise von der bayrischen Kälte in die milde Atmosphäre der alten Hafenstadt am Mittelmeer. Überdies bietet dieser Hafen schon einen Vorgeschmack auf Marokko, weil fast alle Reisendes marokkanische Gastarbeiter in Italien sind.


Die Überfahrt von Genua nach Tanger-Med dauerte gut 2 Tage, das hängt vom Wetter und so allerlei Unwägbarkeiten ab. Die Durchquerung des Golfs von Lyon war schaukelig, aber auch auf der Strecke zwischen Barcelona und Tanger war das Meer immer ein wenig unruhig. Ich komme damit gut zurecht, aber viel mehr Wackelei hätte es nicht sein dürfen.


In Tanger kamen wir am frühen Abend an. Wir standen dann erst einmal eine gute Stunde bei der üblichen Zollstation herum, bis endlich die Ansage kam: zurück, runter zu den "Transporteuren". Da standen in einem umzäunten Gelände all die Fahrzeuge, die wir immer auf dem Schiff sehen - voll bepackt bis hoch hinauf. Ich war ziemlich ratlos, denn niemand konnte uns sagen, wie das da funktioniert. Ich stürzte mich also ins Gewühl: lauter marokkanische Männer - müde, bärtige, abgekämpfte Gestalten - jeder damit beschäftigt, seine Ladung durch den Zoll  zu bringen. Nachdem ich einen ersten Versuch die Zöllner anzusprechen aufgeben mußte, hatte ich wirklich keine Idee, wie das weitergehen könnte. Da sprach mich einer dieser bärtigen, müden, abgekämpften Männer an: Sprechen Sie Deutsch? Von diesem Moment an ging alles wunderbar voran. Der Mann war ein Transporteur, der Waren zwischen Deutschland und Marokko liefert. Er lief für uns rastlos von Pontius zu Pilatus. Um 4 Uhr morgens hatte er es geschafft, wir waren durch den Zoll - mit viel weniger Kosten als wir befürchtet hatten und auch ohne unseren Hänger auspacken zu müssen. Eine Durchsicht unserer Packliste hatte genügt. Zu allem Überfluss wollte der Mann dann auch kein Geld von uns - die Schokolade für seine Kinder hat ihn mehr gefreut. Bilder konnte ich in dieser Zollstation nicht machen - das hätte wohl Ärger gegeben. Insgesamt habe ich mich als einzige Frau dort aber nie unwohl oder gar bedroht gefühlt!


Am nächsten Tag fuhren wir nach Mohammedia zum neuen IKEA, kauften noch einige Bücherschränke, die wir unter nicht unerheblichem Krafteinsatz sowohl im Hänger als auch im Wohnmobil  verstauten und machten uns auf in den Süden.

der Schatten unseres Camper-Trucks zieht übers Land





Über den hohen Atlas, vorbei an Agadir und wiederum über die Ausläufer des Antiatlas kamen wir - endlich - nach Sidi Ifni. Davon erzähle ich dann ein andermal ....

Sonntag, 27. November 2016

on the road again


Der November zeigt sich in München von seiner trüben Seite - umso mehr freue ich mich, dass wir in wenigen Tagen wieder auf Achse sein werden. Unser Wohnmobil ist geputzt, gepackt und absolut startklar. Diesmal haben aber mit einen Anhänger hinten dran, in dem wir viele Möbel, reichlich Werkzeug, Bücher, Geschirr, Kleidung usw. transportieren, die für unser neues Haus in Sidi Ifni bestimmt sind.

Gesamtlänge des Zuges: 17 Meter




Das Haus ist zwar sehr hübsch und gemütlich, wir wollen es aber doch noch hübscher und gemütlicher machen.
Übrigens - auf diesen Blick von der Terrasse freue ich mich schon sehr!


















Wir fahren diesesmal von Genua aus nach Tanger-Med. Um diese Jahreszeit ist das Meer manchmal recht bewegt - ich hoffe, dass unsere Fuhre nicht allzusehr durchgerüttelt wird.

im Hafen von Genua
Ein guter Teil des Abenteuers wird diesmal der Grenzübertritt in Marokko sein. Ich habe über mehrere Monate versucht, das marokkanische Konsulat für mich zu interessieren, leider ohne jedes Echo. Natürlich wollten wir die erforderlichen Papiere für die Verzollung bereit haben, aber leider, leider - weder per Email noch per Fax konnte ich den Herrschaften ein Lebenszeichen entlocken. So werden wir also frohgemut in Tanger aufschlagen und auf das Motto eines deutschen Freundes in Marokko vertrauen: In Marokko ist alles möglich, nur nichts schnell. Und Zeit haben wir ja!

Ich werde in diesem Winter wohl mehr über das Abenteuer einer Hausrenovierung mit marokkanischen Handwerkern berichten - aber sicher auch ein wenig über Land und Leute. Bis bald!

Montag, 30. Mai 2016

Von Tanger an die Isar

Es ist so schnell gegangen. Die Fähre nach Europa hat mich in den Alltag zurückgeschleudert - ich habe gar keine Muße gefunden, über meine letzten Tage in Tanger und die Heimreise  zu berichten. Jetzt - nachdem ich endlich die Wäscheberge abgetragen und meine Steuererklärung abgegeben habe - will ich das gerne nachholen.




verblichener Glanz
Wir hatten diesmal wirklich Glück mit dem Wetter. Im April kann es in Tanger auch ausdauernd regnen - uns schien die Sonne und da macht natürlich ein Stadtbummel viel mehr Vergnügen. Ich musste natürlich in die Medina, an den Hafen  - eben mitten hinein in  den Trubel dieser Stadt.











ein lebensfroher Händler in der Medina





















Diese großen Wandgemälde kannte ich lange nur aus Asilah, wo
es einen richtigen offiziellen Wetttbewerb gibt. Wie ich gerade gelesen habe, wird diese Art der Straßenkunst jetzt auch in anderen Städten Marokkos gefördert. Hier ist der große Reisende Ibn Battuta abgebildet. Er stammt aus Tanger und ist  im 14. Jahrhundert - sozusagen als der Marco Polo der arabischen Welt - angeblich 120.000 km durch Nordafrika und Asien gewandert. Auch von ihm gibt es ein Buch - die "Rihla" (Wanderung).


Es fällt mir jedes Jahr schwer, aus Marokko wegzugehen, mich in diesen Schiffsbauch zu begeben, der mich nach Europa bringt. Dieses Jahr war es ein wenig leichter, weil ich ja jetzt mein Häuschen in Sidi Ifni habe ...



Bei unserem Zwischenstop in Barcelona passierte unsere Fähre einige dieser Monster-Kreuzfahrtschiffe. Dies ist eine Art des Urlaubs - Reisen würde ich das nicht nennen - die mir ganz und gar fremd ist. Aber es wird immer beliebter!



Auch der Morgen in Genua empfing uns diesmal mit leuchtendem Sonnenschein - aber für diese Stadt kann ich mich leider nicht erwärmen, der Hafenbereich ist ein einziges städtebauliches Disaster.
 
 


 
 




In München hatten wir gleich Besuch von unserem marokkanischen Hundefreund Willi, der - wenn man es genau nimmt - Schuld daran hat, dass wir uns in Sidi Ifni sesshaft gemacht haben. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein ander mal erzählt werden....


Ein langer Spaziergang mit Willi führte mich an die Isar, da wo München ganz besonders schön ist. Eine Weile werde ich hier bleiben und hoffen, dass es auch hier Sommer wird!


Dienstag, 26. April 2016

Herkules reloaded

Ungefähr 15 km westlich von Tanger liegt die "Höhle des Herkules". Gleich nebenan haben wir schon oft auf dem Campingplatz Ashakar einige Tage verbracht, bevor wir mit der Fähre von Tanger aus nach Europa zurückfuhren.

In dieser Höhle soll der Sage nach Herkules geschlafen haben, als er auf dem Weg war um in den Gärten der Hesperiden eine seiner Heldentaten zu vollbringen. In der Höhle sieht man aber heute nur noch die Spuren der fleißigen Handwerker, die dort Mühlsteine aus dem Fels herausgebrochen haben. Ein Durchbruch zum Meer bildet seitenverkehrt annähernd den Umriss von Afrika nach - dies ist ein gern fotografiertes Motiv - nur ich habe dieses Foto nie gemacht ... (Info von Wikipedia)

Um den Eingang zur Höhle und am Hang zum Meer hinunter hatten sich einige einfache Lokale angesiedelt, die von den Einwohnern der Umgebung gerne aufgesucht wurden.



Man konnte dort für kleines Geld ein Eis essen oder einen Kaffee trinken und dabei die wunderbare Küste oder auch den Sonnenuntergang betrachten.


Überdies konnte man sich mit einer Dromedar-Familie fotografieren lassen. Viele Leute haben kleines Geld ausgegeben únd kleines Geld verdient.



Dann war auf einmal alles abgesperrt - Baustelle! Umbau!  wir haben gewartet und gehofft, dieses hübsche Flecken Erde bald wieder sehen zu können.
Nun - in diesem Jahr war es soweit und ich bin gleich mit meinem Fotoapparat hinuntergewandert ...




Ja - das ist das moderne Marokko. Man hat mit großem Aufwand und einigem Geschmack sowie sicher nicht unerheblichen Kosten alles neu gemacht. Ich fühlte mich in eine griechische Kulisse versetzt. Kühles Weiß - alles sehr ordentlich - die Küste und das Meer waren immer  noch da.










Nach dem ersten Schrecken denke ich: wenn ich das alte charmante Idyll nicht gekannt hätte würde ich jetzt sagen "nicht schlecht!" Aber ich war eben in diese old-fashioned world verliebt. Nächstes Jahr wird es mir bestimmt schon besser gefallen. Vielleicht kommen dann ja auch die Dromedare wieder.






Vielleicht gehe ich dann doch mal in die Höhle und mache endlich das Foto ......

 

Freitag, 22. April 2016

Handwerker

Fes ist die Kulturhauptstadt Marokkos. Mehr als 1000 Jahre lehrt man dort Religion und die damit verbundene Kultur. Auch heute hat Fes eine große Universität. 




In der Stadt ist die Geschichte so gegenwärtig, dass man in vielen Straßen ganz leicht weit in die Vergangenheit eintauchen kann.

Rechts sieht man ein Detail
der gerade restaurierten fantastischen Fassade des Grabmals des Stadtgründers Moulay Idriss II.





Wandert man durch die Gassen der Stadt - immer ein wenig abseits der touristischen Brennpunkte - hört man Hämmer klopfen, Webstühle klappern, Stimmen murmeln. Schaut man dann nach, sieht man hinein in dunkle Räume, in kleine Höfe mit Werkstätten voller fleißiger Handwerker, die all die Schätze produzieren, die man in den unzähligen Läden dann kaufen könnte.


In einem dunklem Raum sah ich einen Mann, der den Ofen eines Hamams befeuerte. Wie all die anderen Arbeiter, die ich natürlich gefragt habe, gab er mir freundlich seine Erlaubnis ihn zu fotografieren.

 






In Sefrou - einer Kleinstadt südlich von Fes - habe ich Handwerker gefunden, die nicht Kunsthandwerk produzieren sondern von uns völlig vergessene Gebrauchsgegenstände - in dieser Schmiede werden Pflugscharen hergestellt.







 ...und dieser freundliche Herr produziert Holzschalen aus Aprikosen- und Nussbaum-Holz. Letztes Jahr fanden wir ihn zufällig in Sefrou. In diesem Jahr haben wir für uns und liebe Freunde reichlich bei ihm eingekauft. Er setzte sich bereitwillig in "Arbeitsposition". Es ist wirklich wunderbar, dass neben all dem chinesischen Plunder noch wirkliche Handwerkskunst zu finden ist.

 

Montag, 11. April 2016

moderne Kunst in Marokko - Biennale Marrakech

Marrakech ist für die meisten Besucher eine Stadt, die viele Aspekte des traditionellen Marokkos beheimatet - Paläste, Riads, die roten Mauern ... und natürlich dekadenten Luxus neben Bettlern und Händlern und Wasserverkäufern ...

Ich fuhr also in die Stadt hinein um mich ein wenig im Wirbel der Kontraste treiben zu lassen. Man landet ja immer auf dem Djemaa el Fna, dem zentralen Platz der Gaukler, Orangensaftverkäufer und Schlangenbeschwörer.

An diesem Platz liegt das Gebäude der ehemaligen Bank Al Maghrib - ein wunderbares Zeugnis marokkanischer Architektur.







Noch vor wenigen Jahren haben wir dort bei einer gestrengen Dame Euros in Dirham getauscht - sie fand es empörend, dass wir nachzählen wollten. Heute steht das Gebäude leer und wird nun vorübergehend als einer der zahlreichen Ausstellungsorte der Biennale von Marrakech .http://www.marrakechbiennale.org/ genutzt.
eine der Dachterrassen des ehemaligen Bankgebäudes
 
Ich bin blind für diese neue Kunst - ich muss es einfach akzeptieren, dass man diese Dinge ausstellt. Gefreut hat mich, dass ich das Gebäude einmal gründlich inspizieren konnte.

Anas Kaaouachi
 


 
 
 
 

Vor dem Haus stand dieser Container, auch er war ein Bestandteil der Ausstellung. Am nächsten Tag haben an gleicher Stelle marokkanische Studenten demonstriert. Das Land hat eben viele Facetten!







Auf dem Rückweg zu unserem Campingplatz sah ich diese "Installation" .... oder war ich einfach ein wenig verwirrt?? 

Freitag, 8. April 2016

Mogadors Synagogen

 
 
Mogador - wie Essaouira lange Zeit hieß - wurde im 18. Jhd. zum größten Seehafen Marokkos ausgebaut. Um den Handel effektiv zu betreiben wurden 10 jüdische Familien, die von den aus Spanien vertriebenen "Moros" abstammten. Sie waren sehr erfolgreich und stellten lange Zeit den größten Teil der Bevölkerung der Stadt. Fast 40 Synagogen dienten den Juden zum Gebet, die meisten davon befanden sich in privaten Häusern.
Schon vor einigen Jahren habe ich versucht in der Mellah - so nennt man in Marokko die jüdischen Viertel - eine dieser Synagogen zu finden. Seit einigen Jahren werden die bescheidenen Reste der jüdischen Bauten restauriert - in der Regel von Privatleuten. Fast alle Juden haben die Stadt Richtung Israel verlassen - nur wenige Juden sind in Marokko geblieben. Das Viertel ist in einem beklagenswerten Zustand, viele Häuser sind Ruinen. Diesmal fanden wir nach einigem Suchen die zur Haim Pinto Synagoge gehörende Schule, die gerade in das erste marokkanische Alzheimer-Zentrum umgestaltet wird, man zeigte uns aber die Sterbetafel eines der wichtigsten Stifter dieser Schule.


Foto aus dem Internet
Weiter führte der Weg entlang eingestürzter Häuser - eine Tür stand offen und wir kletterten einfach die Treppe hoch und fanden uns in der Slat Lkahal Synagoge - der einzigen öffentlichen Synagoge Mogadors. In dem weitestgehend restaurierten Raum stand Haim Bitton, der als Kind in dieser Synagoge gebetet und mit seinem Eltern den jüdisch-andalusischen Liedern gelauscht hat. Er hat bei einer Wanderung durch die Stadt die Tür wiedererkannt und sich entschlossen, das Gebäude zu restaurieren - es dauerte länger und kostete mehr als er dachte, aber er gibt nicht auf.  Eine deutsche Volontärin hilft ihm, auch von ihr haben wir einiges über die Geschichte der Juden Mogadors erfahren.




Foto aus dem Internet