Dienstag, 29. April 2014

ⴰⵣⵔⵓ- die Berber-Stadt Azrou


 
 
Wir sind in eine gänzlich andere Region Marokkos gekommen – grüne Wiesen, sanfte bewaldete Hügel und Kirschbäume soweit das Auge reicht. Das ist die Gegend um die Berberstadt Azrou – ca. 80 km südlich von Fes am Rand des Mittleren Atlas und auf mehr als 12 m über Meereshöhe. Die Stadt hat ca. 45.000 Einwohner und hat eine kleine Medina,


 mehrere ausgezeichnete Konditoreien und eine moderne Moschee, die Hassan II. den Berbern geschenkt hat. Sie ist eine kleine Schwester der großen Moschee von Casablanca!
Auf dem Campingplatz laufen Hühner und Enten um uns herum (der Enterich versucht täglich mehrfach ein Huhn zu vergewaltigen).  Katzen und Hunde gibt es natürlich auch – das ungewöhnlichste hier sind jedoch die vielen Störche und Reiher. Allein auf den Dächern des kleinen Gebäudekomplexes neben unserem Platz findet man 7 Storchennester – alle sind gut belegt mit Eltern und Storchennachwuchs.
 
Auf dem Bergzug neben unserem Standplatz wachsen riesige Zedern – das Ganze steht zum Glück unter Naturschutz. In diesem Wald wohnen Berber-Affen – die gleiche Makakenart wie auch auf dem Felsen von Gibraltar.

Heute haben wir den wöchentlichen Souk besucht. Das war nun wirklich der größte und ursprünglichste Markt, den ich in Marokko bisher gesehen habe! Ganze Schafherden wurden da gehandelt und alles was die Landwirtschaft braucht und hergibt.


Auch in der Stadt war sehr viel los – Schulmädchen, Landfrauen, Männer aller Zahnlosigkeitsklassen und dazwischen ich!


Aber morgen geht’s doch mal wieder weiter – nach Fes!!!
 




 

 

 

Montag, 21. April 2014

In der Oase von Tinghir


In den letzten beiden Wochen habe ich es mir richtig gut gehen lassen. Auf einem recht komfortablen Campingplatz mit Swimmingpool und duftenden Rosenbüschen habe ich die Osterreisewelle abgewettert. In diesem Pool bin ich jetzt – bei ganz hochsommerlichen Temperaturen – täglich schwimmen gegangen.
 
 
An unserem Campingplatz vorbei fuhr Tag für Tag zunehmend eine wahre Flut von Reisebussen, Motorradgruppen und 4x4-Autos in die Todhra-Schlucht. Dieser Brennpunkt des marokkanischen Tourismus ist wirklich sehr attraktiv – eine mehr als 500 m lange Schlucht wird von bis zu 300 m hohen rotbraunen Felsen eingerahmt.
 
 
Aus einer Quelle am oberen Ende der Engstelle fließt beständig ein eiskalter Bergbach. Diese dramatische Idylle zieht natürlich Touristen wie Marokkaner an – an Ostern aber in solchen Massen, dass ich lieber in den Oasengärten spazieren gegangen bin.
Man ist nach wenigen Schritten weit weg vom Trubel. Zwischen Palmen und Olivenbäumen liegen die kleinen Felder mit Bohnen, Getreide, Zwiebeln und ähnlich nahrhaften Dingen.
 
Überall sieht man die fleißigen Bauern, die noch fleißigeren Frauen und ihre ganz ungemein belastbaren Esel und Maultiere bei der Arbeit. Dazwischen fliegen Reiher, Wiedehopfe und Schmetterlinge. Es ist wirklich ein Ort um die Seele zu erfrischen.

 
Auf der unserem Campingplatz gegenüber liegenden Seite des Tals findet man verlassene Dörfer, die langsam in Schönheit zerbröseln. Ihrer Bewohner sind in neue komfortablere Häuser umgezogen, bewirtschaften aber immer noch die Felder und Gärten: 
 

 
Eine weitere Ausflugsmöglichkeit ist es, durch die Schlucht hindurch zu fahren und auf einer der Straßen, die über den Hohen Atlas hinweg führen ein Stück nach Norden zu fahren. Außer den einheimischen Taxis und LKWs gibt es hier nur wenig Verkehr. Dafür sieht man umso mehr Ziegenherden und auch einen Marabut – ein Grab für einen Heiligen.

Genauso interessant – aber natürlich sehr viel trubeliger – ist ein Besuch auf dem montäglichen Souk in Tinghir, dem Hauptort dieser Oase. 
 
 
Tinghir ist gerade Provinzhauptstadt geworden. Es wird unglaublich viel gebaut – auch ein Modell der Schlucht wird bald auf der Hauptstraße als gut 5 m hohes Modell zu sehen sein.

Der Künstler ist in ganz Südmarokko tätig – jeder größere Ort soll mit ähnlichen Werken beglückt werden.

Ich werde nun bald über den Hohen Atlas durch das Ziz-Tal nach Norden fahren. Die Zeit im tiefen Süden ist erst mal vorbei.


 

Donnerstag, 10. April 2014

Aufstieg und Fall


„Wie manche große Stadt, wie manches Königreich wird eine Wüstenei und schlechtem Dörflein  gleich! Wie oft hat man gesehn die Kaiser übel stehn  - Und große Könige mit Jammer untergehn …“
Im 17. Jahrhundert hat der schlesische Lyriker Angelus Silesius diese Zeilen geschrieben. Auf meiner Reise durch den Süden Marokkos habe ich immer wieder an dieses Gedicht gedacht, wenn ich an den verfallenden Kasbahs der Glaoui vorbeigekommen bin.
Thami el Glaoui war der Chef eines Berberclans aus Teluet, der vom Sultan von Marokko mit der Herrschaft über den ganzen Süden belehnt wurde, zum großen Ärgernis der bisherigen Herren. Diesen Caids baute er – durch die Besteuerung der Salzkarawanen und manch andere umfangreiche Geldquellen reich geworden – eine neue prunkvolle Kasbah direkt vor die Nase. In seinem Heimatort ließ er die Familienkasbah durch Handwerker aus dem Norden unglaublich prächtig ausstatten. 

 In Marrakech herrschte er als „Pascha“ – die internationalen Zelebritäten wie z.B. Colette oder Chaplin besuchten gerne seine Feste. Er hatte sich bald nach dem Beginn des französischen Protektorats mit den neuen Herren verbündet und wurde von diesen in seiner Machtfülle bestärkt. Winston Churchill lud ihn sogar zur Krönung Elisabeth II. ein! Er galt in der ersten Hälfte des 20. Jhds. als einer der reichsten Menschen der Welt.
 
Doch nichts ist von Dauer, die politische Lage in Marokko wurde instabil, der Freiheitsdrang seiner Bewohner brachte Sultan Mohammed wieder ins Spiel und unser treuer Vasall warf sich 1955 dem Sieger im Machtspiel zu Füßen. Ihm wurde gnädig verziehen, doch bald darauf starb er an Krebs. Sein Besitz in Marrakech wurde in Windeseile geplündert, der Rest fiel an den Staat.

 
Die Kasbahs, mit denen Thami el Glaoui so selbstbewußt den Süden gepflastert hatte, verfallen seitdem. Sie sind noch ein wenig nützlich als Touristenattraktion und als Menetekel für allzu machtbesessene Politiker, von denen es ja auch heute noch mehr als genug gibt.

noch einmal Silesius:
"Dein Reichtum, Geld und Gut ist Asche, Staub und Spreu, ein leichtes Federlein, ein abgedorrtes Heu"
 
 
 
 

Montag, 7. April 2014

Ait Ben-Haddou – ein Opfer des Tourismus


 So ist es wenn man sich als Täter und Opfer gleichzeitig fühlen muss:
Ich bin seit gut 10 Jahren immer einmal wieder nach Ait Ben-Haddou gefahren und habe von Jahr zu Jahr die Veränderungen gesehen, die der Ansturm der Touristen verursacht hat.  Immer habe ich gedacht: „geht schon, das kann man noch akzeptieren“ – aber jetzt ist für mich der Zeitpunkt gekommen mich von diesem Ort zu verabschieden.
Ait Ben-Haddou ist ein Dorf an der Route der Karawanen aus der Sahara über den Hohen Atlas nach Marrakesch.  Schon im 11. Jahrhundert hat hier die Großfamilie der Ben-Haddou den Handel kontrolliert.  

Heutzutage werden die Wohnburgen von Touristenscharen besucht, dienen Film- und Fernsehregisseuren immer wieder als Kulisse und werden dafür zurecht-restauriert. Zwar geht es hier nicht zu wie in „Sodom und Gomorrha“, Lawrence von Arabien und dem Prince of Persia begegnet man auch nicht so leicht, aber Menschen vieler Nationen pilgern hierher. Und gehandelt werden nicht mehr Gold, Sklaven und Elfenbein sondern Andenken-Ramsch und Coca Cola ..
    Originalfoto: Chr.Althoff

Früher musste man durch das meist trockene Flusstal gehen, um ins Dorf zu gelangen. Wenn dies nach Regentagen nicht möglich war, wurde man von fröhlichen jungen Männern auf Esel und Maultiere gesetzt und durch das Wasser geführt.

Um den immer mehr anwachsenden Touristenströmen gerecht zu werden hat man nun eine Brücke gebaut ….
 

Wie dieser Bau mit dem Status des UNESCO-Weltkulturerbes zu vereinbaren sein soll, ist mir ein Rätsel. Ich jedenfalls fahre jetzt lieber einige Kilometer weiter hinauf ins Ounila-Tal und hoffe, dass mir nicht allzu viele Touristen folgen. 

 

 

Freitag, 4. April 2014

Antiatlas – ein Gebirge zwischen Atlantik und Sahara



Ich bin gerade in Taliouine angekommen – einem Oasenort an der südlichsten Verbindungsstraße zwischen Agadir am Atlantik und den östlichen Oasen. Hier wird Safran geerntet und mittlerweile nicht mehr ganz billig verkauft.

Vom Campingplatz aus sehe ich am linken Tal-Ende die schneebedeckten Berge des Atlas und rechts der weiß überstäubte Gipfel des gut 3300 m hohen Vulkanberges Jebel Sirwa. Dazwischen breitet sich das üppig grüne Band der Oase aus.
Das ist für dieses Mal das Ende meiner gut 1monatigen Reise durch den Antiatlas – von hier aus werden wir entlang der südlichen Kante des Atlas nach Osten fahren.
In diesem Monat habe ich wieder einmal unglaubliche Vielfalt dieses Gebirges – das sich fast über 600 km hinzieht – erlebt. Diese Berge sind zwischen 300 und 500 Millionen Jahre alt und ähneln darum oft dem uns bekannteren Bild des nordamerikanischen Monument Valleys. Der Gebirgszug im Ammelntal dagegen ragt steil und schroff empor – das wäre eine Freude für jeden Freeclimber.
Im nordwestlichen Teil sind die Berge bis hinauf in die unzugänglichen Bereiche mit landwirtschaftlichen Terrassen überzogen – die größten Teils nicht mehr bewirtschaftet werden. Die Regenmengen haben abgenommen und die Bevölkerung ist glücklicherweise nicht mehr auf die elende Schufterei in diesen „Bergwerken“ angewiesen.  Auf den weiten Hochflächen wachsen Arganbäume, Mandeln und Gerste.
 
 
Weiter südlich findet man einige wunderschöne Palmenoasen.  Der Süden und der Osten sind karg, trocken und äußerst dünn besiedelt – am südlichen Rand des Antiatlas beginnt die Sahara.


Alle diese Landschaften sind für sich reizvoll und zum Glück immer mehr durch meist gute – wenn auch manchmal schwierig zu fahrende – Straßen erschlossen. Wir sind mit dem Motorroller und auch mit unserem Wohnmobil kreuz und quer herumgefahren und sind dabei mehrmals auf bis zu 1900 Höhenmeter empor geklettert.  ... und das alles unfallfrei!